Opposite
akku Kunstplattform 2022
In ihrer neuen Werkgruppe geht Barbara Davi nicht wie in früheren Arbeiten vom Spezifischen des Ortes aus, sondern von der Materialität des Objekts selbst. Ihrer an der Collage geübten Methode bleibt sie jedoch treu: Mit mutigen Schnitten, scharfen Kanten und unerwarteten Deformationen irritiert sie unseren an standardisierte Räume und Dinge gewöhnten Blick.
Davi geht es dabei um die Analyse und Transformation des physisch erfahrbaren Bezugs zwischen Subjekt und Objekt – den Leib also, der «so wenig nur ein Fragment des Raumes [ist], dass überhaupt kein Raum für mich wäre, hätte ich keinen Leib» (Maurice Merleau-Ponty). Zu diesem Leib gehört auch seine je eigene Geschichte. So ist das Material auch mal einem Möbelstück entnommen, das ihrem Grossvater gehörte. Der Geschichte und dem System der Dinge entrissen, entfaltet sie in ihren Werken ambigue Zwischenräume der Erfahrung und Bedeutung.
Ihre Skulpturen skizzieren Bewegungen vor und deuten damit, trotz oder gerade als Fragmente, imaginäre Räume an, die in den realen hineinzuragen scheinen. Diese sanfte Sprengung des gewöhnlichen Raums geht einher mit der kontrastreichen Brechung des Lichts: Leuchtende Farben generieren eigene Farbräume, wie sie auch in ihren Fotographien zu sehen sind.
In ihrer Ko-Präsenz kommen Objekte, Farben, Licht und Raum in Resonanz und konstituieren eine stimmungsvolle Atmosphäre, die unsere leibliche Raumerfahrung und unseren gewohnten Blick öffnet.
Text: Michel Rebosura